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Plädoyer dafür, Geschichte nicht unsichtbar zu machen, sondern sie zu verarbeiten und daraus zu lernen!

Martina Sauer • 12. Juni 2019
Alban Stolz als Antisemit im Fokus von Historikern und seinen Wirkungsstätten

Zum Wandel von Wertvorstellungen: Ein Plädoyer zur nachhaltigen Aufarbeitung von Alban Stolz

Hintergrund

Nachdem zunächst an der Wirkungsstätte von Alban Stolz (1808 - 1883) in Freiburgim Breisgauseit 2016, dann auch in seiner Geburtsstadt Bühl im Badischen, vor allem die antisemitische, aber auch frauenfeindliche Vergangenheit des Volksschriftstellers, Erziehungswissenschaftlers und Professors der katholischen Theologie Wellen schlug, steht nun der Umgang mit seinem Erbe und die Wertschätzung seiner Person durch Benennung eines Straßennamen und des katholischen Gemeindehauses nach ihm und seine Würdigung in einem Fensterbild im Rathaus in Bühl zur Disposition. Grundsätzlich geht es um die Frage, wie verarbeite ich Geschichte? Sie ist einen Kommentar wert.

Kommentar

Die in Bühl vorgestellte und in der Presse öffentlich gemachte wissenschaftliche Aufarbeitung von Alban Stolz erschüttert das Bild von ihm nachhaltig. Die Reaktionen im Gemeinderat machen das ebenfalls deutlich. Zu fragen bleibt, wenn das Straßenschild entfernt wird und das Gebäude durch einen externen Bauherrn neu errichtet und daher wohl kaum mehr nach Alban Stolz benannt wird, wie geht man mit dem Fenster im Rathaus um? Reicht hier ein klein gedrucktes Hinweisschild? Wohl kaum, denn das Rathaus ist ja kein Museum, sondern ein für die Stadt zentraler Ort, in dem nicht nur die Verwaltung ihren Sitz hat, sondern auch unsere Wertvorstellungen repräsentiert werden. Das Glasfenster im städtischen Museum auszustellen, gemeinsam mit dem Straßenschild und mit Fotos des katholischen Gemeindehauses und des Geburtshauses, ist dann schlüssig. Mit Informationstafeln und in Führungen ließe sich die Entscheidung vor dem Hintergrund der Geschichte zum Wandel der Wertvorstellungen in unserer Gemeinschaft thematisieren. Zu einer öffentlich sichtbaren, nachhaltigen Aufarbeitung von Alban Stolz heute und für die Zukunft können zudem Hinweistafeln an den ehemaligen Auszeichnungsorten und seinem Geburtshaus beitragen. Denn es geht ja nicht darum Geschichte unsichtbar zu machen, sondern sie so zu verarbeiten, so dass wir sie verstehen und daraus lernen.


(Als Leserbrief im Badischen Tagblatt (13.06.2019) und den Badischen Neuesten Nachrichten, Lokales, erschienen)

Bemerkungen

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