Lex Mercedes
Wie Mercedes durch eigenes Vertragsrecht Fahrzeugnutzer ungewollt und ohne Widerspruchsmöglichkeit zu Tätern bzw. Umweltverschmutzern machte
Es hat lange gedauert, doch jetzt bahnt sich durch die EuGH eine Richtigstellung im Dieselskandal an, der nicht nur Mercedes-Käufer mit Darlehensverträgen, sondern wohl auch alle Leasing-Verträge betreffen wird. Dabei ist der Tatbestand in beiden Fällen eindeutig. Denn auch wenn ich nicht unmittelbarer Besitzer des Fahrzeuges bin, das unrechtmäßig Schadstoffe ausstößt, so kann und darf sich daraus nicht ableiten, dass die Nutzer keinen Anspruch auf Schadensersatz haben. Denn ohne Wissen, diese Kunden zu Tätern bzw. ungewollt zu Unweltverschmutzern zu machen, ist ein Skandal. Die Verantwortlichen müssen hierfür zur Rechenschaft gezogen werden. Sich etwa in Darlehensverträgen, das Recht auf Klage ausschließen zu lassen, wie von der Mercedes-Benz Bank vollzogen, ist vor diesem Hintergrund sittenwidrig. Aus ihrem Besitzanspruchsdenken heraus führte damit das Unternehmen gegen den Willen des Deutschen Rechts ein eigenes „Gesetz“, quasi eine
Lex Mercedes, ein. So ist es bis heute keinem, an den Vertrag gebundenen Nutzer der Fahrzeuge möglich, sich ihrem ungewollt aktiven Beitrag, der Umwelt und damit der Allgemeinheit Schaden zugefügt zu haben, zu distanzieren. Es ist erschreckend, dass wohl erst durch den Europäischen Gerichtshof EuGH), dessen Urteil jüngst der Bundesgerichtshof (BGH) folgte, das erste Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) in Stuttgart zugunsten von Mercedes, durch dasselbe OLG-Gericht am 8. Mai 2023, richtiggestellt wird. Darauf können wir nur im Sinne der Allgemeinheit und der Umwelt hoffen. Das ganze Verfahren erinnert zudem schmerzlich, an das Vorgehen der Römisch-Katholischen Kirche, die ebenfalls meinte, ihre eigenes Rechtssystem aufbauen zu können.
(als Leserbrief von Martina Sauer und Rüdiger Ruddies im Badischen Tagblatt und den Badischen Neuesten Nachrichten erschienen)
Institut für Bild- und Kulturphilosophie
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